Architektur "gegen den Strom" - Hamburgs spannendste Floating Offices

9. Februar 2020

Arbeiten auf dem Wasser, mit modernster Technik und Panoramablick: Immer mehr „Floating Offices“ erobern Hamburgs Gewässer. Für die Architekten und Planer ist besonders die Statik eine Herausforderung. Wir sind bei drei besonders spannenden Vertretern der neuen “schwimmenden Büroarchitektur” an Bord gegangen.

 

Büroboot LORE

© Hauke Dressler; Büroboot LORE von Rost.Niderehe Architekten

 

Das Größte: IBA DOCK, Zollhafen

Seit Februar 2010 liegt das 1.000 Quadratmeter große IBA DOCK als Geschäftssitz der IBA (Internationale Bauausstellung) im Müggenburger Zollhafen. Der deutsche Architekt Han Slawik hat den dreistöckigen Kubus entworfen. Er ist modular aufgebaut und ruht auf einem rund 50 Meter langen und 25 Meter breiten Beton-Ponton. Die im Werk vorgefertigten, bis zu 18 Meter langen, farbig verkleideten Stahlmodule wurden per Schwerlast-LKW nach Hamburg transportiert und vor Ort innerhalb weniger Tage zum Gesamtbauwerk montiert.

 

IBA Dock

© Wikimedia Commons / Inet K, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Iba_dock.jpg; IBA Dock

 

Für den Fall, dass das IBA DOCK den Standort wechseln und unter niedrigen Brücken hindurch fahren muss, können seine oberen Geschosse de- und remontiert werden. Auch energetisch ist das schwimmende Modul-Office auf dem neuesten Stand: Die Sonne und das Wasser der Elbe reichen aus als Energiequellen. Der Strombedarf der Wärmepumpe, die das Gebäude beheizt, wird durch eine Photovoltaikanlage auf dem Dach gedeckt. Das IBA-Dock ist also komplett CO2-neutral.

 

Das Exzentrischste: “One-of-One”, Eilbekkanal

Wie ein schwimmender Airstream-Foodtruck liegt das Büroschiff “One-of-One” auf dem Eilbekkanal im Hamburger Osten. Das elegant-kastige Baukonstrukt wurde aus riesigen Aluminiumplatten zusammengefügt - 13.000 Bohrschrauben sind hier verarbeitet. Der Entwurf geht zurück auf die Zusammenarbeit von MONO Architekten in Berlin und Thorsten Freier vom baubüro.eins, der mit seinem Planungsteam auch hier residiert.

 

Schwimmendes Büro "One-of-One"

© baubüro.eins; Schwimmendes Büro "One-of-One"

 

Besonders die Statik war eine Herausforderung, denn beim Floating Office geht es unten um Schiffsbau, oben um Hausbau. Für den Rumpf brauchte man einen Schiffsstatiker, für den Aufbau einen Hausbaustatiker, und ein weiterer Statiker berechnete die Kippstabilität. Schon jetzt wirken die wunderbaren Holzdielen der Terrasse und der Innenräume aus sägerauer Eiche sowie das unbehandelte Aluminium nicht mehr nagelneu – ein durchaus gewollter Prozess. Denn hier soll keine glänzende Fassade gewahrt bleiben: Das authentische Altern der unbehandelten Materialien ist ein Eckpfeiler des maritimen Konzepts.

 

Büroschiff mit Terrasse

© baubüro.eins; Büroschiff mit Terrasse

 

Das Stilvolle: LORE, Hammerbrook

Am Viktoriakai in Hammerbrook reihen sich inzwischen viele Hausboote, die meisten zur Wohnnutzung. Viele von ihnen wurden von der Planungsgemeinschaft Coop Water House geplant, zu deren kreativen Köpfen Rost.Niderehe Architekten gehören. Floating Office LORE, auf dem Rost.Niderehe selbst “Hausherren” sind, wurde 2016 fertiggestellt. Noch vier weitere Parteien aus dem Grafik-, Architektur- und Immobilienbereich haben hier ihre Büros.

 

Floating Office LORE

© Hauke Dressler; Floating Office LORE

 

Das Interior der LORE ist geprägt von Licht, Holz und modern-minimalistischem Mobiliar. Ihre Bauform erinnert an alte Hafenlieger, wie sie in Hamburg früher für Werkstätten und Büros im Hafengebiet genutzt wurden. “Das waren einfache Bauten, häufig mit Satteldach und großem, offenem Innenraum als Werkstatt nutzbar. So ist auch die „Lore“ entworfen”, erläutert Amelie Rost. Einzig zwei eingestellte Boxen mit Sanitär und Technik zonieren den Raum. Die außen verwendeten Materialien greifen die Kontraste der Umgebung auf: Holz im Used-Look steht für den Vintage-Charme der angrenzenden Werkstätten und Hinterhöfe, die metallene Fassade in Goldoptik für die schicke Hammerbrooker Geschäftswelt.

 

Gerade für Kreative, Werber und Architekten ist ein Floating Office eine reizvolle Option. Der Weg zum schwimmenden Büro ist allerdings nicht einfach. Selbst im wasserreichen Hamburg sind Dauer-Liegeplätze rar, etliche behördliche Hürden zu überwinden, und Planer müssen mit zahlreichen baurechtlichen Anforderungen jonglieren. Die Belohnung ist aber oftmals ein vielbewundertes Unikat, das nicht nur für planerische Kompetenz, sondern auch für besondere Durchhaltequalitäten steht.


 

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