Architektur unter der Erde – von Earthscrapern und anderen Zukunftskonzepten

5. Juli 2018

Arbeit, Infrastruktur, Lebensqualität – Städte bieten viele Vorteile. Die weltweite Urbanisierung ist in vollem Gange, im Jahr 2050 werden zwei Drittel der Weltbevölkerung in Städten wohnen. Ein Trend, der große Herausforderungen mit sich bringt. Mobilität, Umweltaspekte und vor allem Platzmangel sind die beherrschenden Themen, die Städteplaner beschäftigen. Die bewährte Lösung „in die Höhe bauen“ stößt vielerorts an ihre Grenzen, insbesondere bei gewachsenen Städten mit langer Historie. Doch eine spannende Vision verspricht Abhilfe: Earthscraper statt Hochhäuser, unterirdische Architektur statt weiterer Ausdehnung. In diesem Artikel zeigen wir Ihnen drei starke Konzepte, die zeigen, dass hinter der Idee überraschend viel Realitätssinn steckt.

 

Rendering Earthscraper Mexico City

© Flickr / BNKR Arquitectura; Rendering Earthscraper Mexico City

Ungenutztes Potential: Architektur unter der Erde

Was im ersten Augenblick klingt wie eine Science-Fiction-Szenerie, ist bei genauerer Betrachtung eine interessante Lösung. In vielen Metropolen gibt es große unterirdische Flächen, die nicht genutzt werden, etwa stillgelegte U-Bahnhöfe. Bereits heute bewegen wir uns in Bereichen ohne Tageslicht, ohne es bewusst wahrzunehmen. Shopping-Malls, Fitness-Studios, Produktionsstätten und vieles mehr. Auch wenn sich ein Earthscraper nicht als Wohnhaus eignen mag – sonstige Nutzungsmöglichkeiten sind nahezu unendlich. Vorteile liegen auf der Hand: Unterirdische Architektur bietet Schutz vor Folgen von Umweltverschmutzung und Klimawandel wie Smog oder extremen Wetterkapriolen. Die Verkehrssituation in den Städten wird entlastet, Platz geschaffen, wo zuvor keiner mehr zur Verfügung stand.

 

New York und das Konzept Lowline

Ein stillgelegter U-Bahnhof unter Manhatten ist Schauplatz eines beeindruckenden Konzeptes. Seit 1948 ist dessen unterirdische Fläche von drei Blocks nicht mehr genutzt worden. Die Architekten James Ramsey und Dan Barasch planen hier einen tatsächlich sonnendurchfluteten Park.

 

Untergrund-Park "Lowline" New York

© Flickr / Bit Boy; Untergrund-Park "Lowline" New York

 

Durch spezielle Lichtkollektoren soll Sonnenlicht eingefangen und über Glasfaserkabel in die 6 Meter hohen Räume geleitet werden. Wie das gelingen kann, zeigt das „Lowline Lab“, eine unterirdische Ausstellung, in der bereits gedeihende Pflanzen zu besichtigen sind. Das Projekt Lowline hat begeisterte Fans, die es via Crowdfunding unterstützen. Die Finanzierung der geschätzten Realisationskosten von 80 Mio. Dollar sind allerdings noch nicht geklärt.

 

Leben in 3.000 Metern Tiefe: der Earthscraper in Mexico City

Diese außergewöhnliche Idee folgt dem Prinzip einer umgedrehten Pyramide. Das Architekturbüro BNKR Arquitectura plant sie mitten in Mexico City.

 

 

#tbt a uno de nuestros proyectos favoritos, "El Rascasuelos", CDMX 2010

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Die Errichtung von Häusern mit mehr als acht Stockwerken ist hier nur in Ausnahmefällen erlaubt – nach oben, versteht sich. Nach unten dürfen es 65 Etagen sein, das stellen sich die Planer zumindest vor. Die spezifische Form soll Tageslicht und Frischluft bis nach unten befördern. Einkaufen, Arbeiten und ein Besuch im Museum sind auf diese Weise möglich. Wann mit dem Bau des „Tiefhauses“ begonnen werden kann, ist noch unklar.

 

 

#tbt The Earthscraper // 2009

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Unterirdische Architektur als Masterplan: die Vorreiter von Helsinki 

Im finnischen Helsinki sind die Planer über die Phase der Visionen bereits hinaus. Hier wurde bereits viel Architektur unter der Erde realisiert – mehr als 400 Gebäude entstanden auf einer zweiten Ebene. Fußgängerstreifen verbinden Shoppingcenter, Lagerhallen, ein Rechenzentrum, eine Kirche und das größte unterirdische Schwimmbad der Welt. Die Stadt folgt dabei einem Masterplan, der bereits 2011 mit visionärem Schwung entworfen wurde. Angenehmer Nebeneffekt: In der Stadt unter der Erde lässt es sich der Kälte und der Dunkelheit des nordischen Winters gut trotzen. Auch der Aspekt von Schutzräumen im Kriegsfall soll mit bedacht worden sein.

 

unterirdische Temppeliaukio Kirche, Helsinki

© Flickr / Jorge Láscar; unterirdische Temppeliaukio Kirche, Helsinki

 

Noch erscheinen manche Pläne für unterirdische Architektur sehr ambitioniert, ihre Realisierung zu kostenintensiv. Doch die Urbanisierung wird die Idee sicher weiter beflügeln. Die Fortentwicklung von tageslichtähnlichen Beleuchtungssystemen eröffnet darüber hinaus weitere neue Chancen für ein angenehmes Leben in einer Stadt unter der Stadt.

 

Mehr über unterirdische Orte und ihre innovative Gestaltung lesen Sie auch in unserem Beitrag über die U-Bahn-Architektur in Stockholm oder internationale U-Bahnhof-Architektur.


 

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