Großes Kino: Theaterbauten

13. Dezember 2019

In keinem anderen gesellschaftlichen Bereich ist die Fantasie derart zu Hause wie in der Unterhaltungsindustrie, lebt diese doch mehr oder weniger von reinen Ideen und Luftgespinsten. Um den Zweck des Unterhaltens zu erfüllen, reicht jedoch nicht irgendetwas Ausgedachtes aus. Nein, unterhalten werden wir erst, wenn etwas unsere Aufmerksamkeit auf sich zieht und unser Interesse weckt. Nicht selten hilft hier bereits die Architektur nach, in der das Unterhaltungsmedium untergebracht ist. Dies gilt in besonderem Maße für Theater.

 

Eine Extra-Aufmerksamkeit durch besondere Architektur tut bei Schauspielhäusern durchaus Not, gehört das Theater doch bereits seit Längerem nicht mehr gerade zum Unterhaltungs-Mainstream. Nichtsdestotrotz werden die „Bretter, die die Welt bedeuten“ weltweit nach wie vor als wichtiges Kulturgut erachtet und stehen nicht selten unter dem Schutz der öffentlichen Hand, ohne deren Gelder sie heute praktisch nicht mehr existieren könnten. So verkörpert die immer wieder auch neugebaute außergewöhnliche Architektur von Theatern gleichsam eine Art Würdigung dieser altehrwürdigen Kunstform.

 

Fassade in Bewegung: Fosun Foundation Arts Centre

Zwei der namhaftesten international agierenden Architekturbüros, Foster + Partners und Heatherwick Studio, bauen derzeit in Schanghai das Bund Finance Centre. Das Herzstück dieses neuen Finanzviertels stellt ein überaus aufsehenerregendes Stück Theaterarchitektur dar, das 2017 bereits fertiggestellt wurde. Was das Fosun Foundation Arts Center von allen anderen Gebäuden hervorhebt, ist eine „Vorhangfassade“ der etwas anderen Art. Gewaltige, wie Bambushalme geformte Bronzerohre verhüllen in drei übereinanderliegenden Schichten hängend das Gebäude und bieten bei Bedarf ein kleines Schauspiel für sich: Auf Knopfdruck rotieren die drei Vorhänge um das Gebäude und vollführen dabei mit ihren unterschiedlich langen Rohren wellenartige Bewegungen.

 

Dänischer „Kubismus“: Vendsyssel Theatre

In gänzlich anderer Gestalt zeigt sich das Vendsyssel Theatre im dänischen Hjørring von Schmidt Hammer Lassen Architects. Das ebenfalls 2017 fertiggestellte Theater besteht aus einem Ensemble von Quadern in unterschiedlichen Größen und Farben, in welchen gleichsam verschiedene Funktionen untergebracht sind, darunter neben administrativen Bereichen eben auch diverse Spielarten des Theaters.

 

Die Aneinanderreihung der Quader an sich fällt bereits ins Auge, doch steckt auch noch ein regelrechter Showeffekt in der Fassade. Zwar verfügen die Quader uniform jeweils über mindestens eine Seite aus Cortenstahl, daneben besitzt jedoch jedes Volumen zusätzliche Fassaden aus opakem Glas in einer ihm eigenen Farbe. Letztere werden im Dunkeln mit LEDs hinterleuchtet und machen so mit der Unmissverständlichkeit einer Leuchtreklame auf sich aufmerksam.

 

Zwei Bauabschnitte, zwei Gesichter: Comédie de Béthune

In der nordfranzösischen Gemeinde Béthune wird Kultur großgeschrieben. Folglich verfügt die 25.000-Einwohner-Gemeinde über ihr eigenes öffentliches Theater – die Comédie de Béthune. Diese sollte eigentlich nach langer Odyssee auf dem Grundstück eines Kinos aus den 1930ern ein neues Zuhause finden, was so auch 1999 durch Gautrand Architecture geschah. Allerdings nur halb. Ein zweiter Bauabschnitt konnte vorerst nicht fertiggestellt werden, da ein Bestandsgebäude im Weg stand, das sich dem Abriss verweigerte. Letzterer folgte erst zehn Jahre später und fünf Jahre darauf schließlich auch der noch ausstehende Bauabschnitt.

 

Als wollte das Schauspielhaus beide „Bauepochen“ würdigen, sind die Gebäudeteile völlig unterschiedlich gehalten. Der „Altbau“, aus welchem sich noch die Fassade des früheren Kinos „Le Palace“ hervorwölbt, ist rot und rund, der Annex hingegen schwarz und eckig. Genau dieser Kontrast verleiht jedoch erst der Comédie das gewisse Etwas. Ihre Zusammengehörigkeit demonstrieren beide Gebäudeteile über eine Art Corporate Design in Form von Rautenmustern auf der Fassade.

 

Man mag ja vom Theater halten, was man will. Was jedoch Schutz und Pflege dieses Kulturguts an Architektur hervorbringen, ist, wie die erwähnten Beispiele zeigen, oftmals eine wahre Bereicherung für das Stadtbild.


 

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