Hunger nach Beton

17. März 2021

Unser Betonhunger ist ein riesiges Problem, das dringend nach einem nachhaltigeren Umgang mit unseren Rohstoffen schreit. – Ein Plädoyer für Recyclingbeton und ein bewussteres Bauen.

Die Weltbevölkerung steigt unaufhörlich an. Um 1800 herum wurde die erste Milliarde erreicht, mittlerweile sind wir bei etwa 7,8 Milliarden Menschen angekommen. Neuesten Schätzungen der UN zufolge werden wir es 2050 mit 9,7 Milliarden zu tun haben. Das bedeutet, dass die Erde in den nächsten zwei Jahrzehnten umgerechnet rund 50 Megacitys vom Schlag der Metropolregion Tokio-Yokohama (37,977 Millionen Einwohner) brauchen wird. Brauchen heißt in diesem Fall auch bauen. Nun stellen 50 neue Städte mit jeweils mehr Einwohnern als Polen oder Kanada die Welt vor eine ganze Reihe rohstofflicher und ökologischer Probleme. Eines davon: Wir bauen Städte weitgehend aus Beton.


Beton hat seinen Preis

Beton – vor allem als Stahlbeton – wird überall gebraucht, sei es im Hochbau als Gründung oder Tragkonstruktion (insbesondere bei Hochhäusern oder Gewerbebauten) oder bei Infrastrukturbauwerken wie Tunneln, Brücken oder Stützwänden. Doch dieser Hunger nach Beton hat seinen Preis: Die mineralischen Bestandteile des Baustoffs sind allesamt nichterneuerbare Rohstoffe. Insbesondere Küstensand schwindet schneller, als er sich nachbilden kann. Zudem stellt der Abbau von Kies und Sand einen erheblichen Eingriff ins Grundwasser dar. Darüber hinaus ist die mit dem Beton verbundene Zementherstellung für rund acht Prozent aller CO2-Emissionen und somit in erheblichem Maße für den fortschreitenden Klimawandel verantwortlich.

All diese Probleme sind seit langem weithin bekannt. Dennoch werden bereits existierende Lösungen für eine nachhaltigere Nutzung von Beton – beziehungsweise der für ihn benötigten Rohstoffe – bei weitem nicht ausgeschöpft. Bestes Beispiel: Recyclingbeton.


C30/37 bei hundertprozentig recycelter Gesteinskörnung

Bei Recycling- beziehungsweise R-Beton wird Rezyklat aus Altbeton (und einem geringen Anteil an gebrochenem Mauerwerk) mit frischer Gesteinskörnung gemischt. In Deutschland erlaubt der Gesetzgeber derzeit je nach Expositionsklasse einen Zuschlag mit einem Anteil von bis zu 45 Prozent RC-Brechsand aus Altbeton bis zur Festigkeitsklasse C30/37. Laborversuche des Instituts für Energie- und Umweltforschung Heidelberg zeigten jedoch bereits, dass R-Beton selbst bei hundertprozentig recycelter Gesteinskörnung noch dieser Belastbarkeit gerecht wird. Dementsprechend ließe sich aus rein gesetzlicher Sicht die Verwendung von Rezyklat in Beton bereits mehr als verdoppeln.


R-Beton in der Schweiz: schon 15 Prozent des gesamten Betonverbrauchs

Allein an der Gesetzeslage liegt die insgesamt geringe Nutzung von R-Beton jedoch nicht. Vielmehr spiegelt sie das hierzulande allgemein eher (unbegründet) geringe Vertrauen in den Recycling-Baustoff wider. Dabei wird in der Schweiz hingegen bereits seit Jahren vielfach mit R-Beton gebaut. Hier beträgt der Einsatz des Recyclingbaustoffs immerhin schon etwa 15 Prozent des gesamten Betonverbrauchs und diverse öffentlich geförderte Forschungsvorhaben zielen auf einen weiteren Ausbau ab.


Mehr Ausschreibungen für Recyclingbeton gefragt

Um auch in Deutschland das Vertrauen in R-Beton zu stärken, wäre der Gesetzgeber durchaus als Impulsgeber für bewussteres Bauen gefragt. Laut dem Träger des Deutschen Umweltpreises und Recyclingexperten Walter Feeß könnten Kies und steinhaltiges Material bis zu 90 Prozent wiederverwertet werden. Doch beklagt der Geschäftsführer des Recyclingunternehmens Feess, dass 80 Prozent der Architekten nicht wüssten, was sie mit RC-Baustoffen anfangen sollen. Diesen Missstand könnten beispielsweise mehr Ausschreibungen für Recyclingbeton ändern.


 

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