Gesund & entspannend: Unter diesen Bedingungen macht Arbeiten richtig Spaß

26. Dezember 2016

Activity Based Working verändert gerade nach und nach die Bürowelt, wie wir sie bisher kannten. Doch geht ein neueres Konzept möglicherweise bereits einen Schritt weiter: Health Based Working.

Google Dublin

© Evolution Design, photo by Peter Würmli

 

Kein eigenes Büro, kein eigener Schreibtisch, kein eigener Arbeitsplatz – und das nicht einmal für den Chef?! Dieses Bild ist kein Armutszeugnis und auch nicht etwa ein plumper Versuch, Firmenausgaben zu senken. Es ist der derzeit angesagteste Trend in der räumlichen und technischen Gestaltung von Büroarbeit. Sein Name: „Activity Based Working“.

Was ist "Activity Based Working"?

Das Konzept des Activity Based Working, kurz „ABW“, besteht darin, für jede momentane Anforderung auch die am besten geeignete Umgebung zu bieten. Dabei werden althergebrachte feste Arbeitsplätze durch ein offenes Angebot aus verschiedenen Arbeitsplatz-Optionen ersetzt. Diese bestehen zum Beispiel aus ruhigen Rückzugsorten für konzentrierte Individualarbeit, anregenden Lounges für kreative Kommunikation oder „Telefonzellen“ für ungestörte und vor allem nicht störende Gespräche. Voraussetzung ist die Mobilität jedes Einzelnen durch Laptop, Handy und natürlich Wireless-LAN.

Google Tel Aviv

© Evolution Design, photo by Itay Sikolski

 

Optimierung der Arbeitsbedingungen

Auf den Punkt gebracht, geht es bei ABW um die Steigerung der Produktivität durch eine aktivitätsbezogene Optimierung der Arbeitsbedingungen. Das Ausmaß der Anpassung an Mitarbeiterbedürfnisse kann dabei sehr unterschiedlich sein. Google zum Beispiel geht mit seinen neuen Büros ins Extrem: Der Megakonzern bietet seinen Mitarbeitern nicht bloß eine Auswahl an Arbeitsplätzen mit verschiedenen technischen Möglichkeiten, sondern ein geradezu themenparkartiges Angebot aus unterschiedlichen „Erlebniswelten“, die mitunter über das eigentliche Arbeiten hinausgehen.

 

Google Dublin

© Evolution Design, photo by Peter Würmli

 

Da optimale Arbeitsbedingungen für das Individuum nicht nur räumlich-physische Dinge bedeuten, kann ABW auch zeitliche Flexibilität miteinschließen. In der neuen Microsoft Deutschland-Zentrale in München etwa bleibt es jedem Mitarbeiter selbst überlassen, wann oder ob er überhaupt ins Büro kommt, solange er seine Aufgaben erfüllt. Die alte „Work-Life-Balance“ wird hier durch einen fließenden Übergang zwischen Arbeit und Leben – einen „Work-Life-Flow“ – ersetzt.

 

Microsoft München

© Microsoft

Vor- und Nachteile

Der Nutzen einer Implementierung von ABW scheint zunächst groß. Mitarbeiter sind produktiver und in ihrer Produktivität zufriedener. Voraussetzung ist allerdings, dass sich jeder im jeweiligen Moment auch darüber bewusst ist, welches Arbeitsumfeld für ihn gerade das richtige ist. Mit dem Wegfallen fester Büros und Arbeitsplätze geht eine Reihe positiver Entwicklungen einher. Zunächst einmal wird der benötigte Raum tatsächlich kleiner. Zudem werden Hierarchien nicht mehr räumlich-physisch abgebildet. Führungspersonal – und das reicht im Optimalfall bis zum CEO – arbeitet unter denselben Bedingungen wie alle anderen und ist im ABW sogar dazu angehalten, als gutes Beispiel für die sinnvolle Anwendung des Konzepts voranzugehen.

 

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Google Tel Aviv

© Evolution Design, photo by Itay Sikolski

 

Kontrolle beschränkt sich auf erbrachte Leistungen

Die Selbstbestimmung, die im völligen Wegfallen von festen Arbeitszeiten ihren Höhepunkt erreicht, ist jedoch nicht jedermanns Sache. Menschen mit übersteigertem Pflichtbewusstsein könnten hier durch das Gefühl, nie genug zu leisten, schnell in die Falle der Selbstausbeutung tappen, die dann wieder negative gesundheitliche Auswirkungen hätte. Allerdings steht es bei völliger örtlich-zeitlicher Flexibilität auch jedem Mitarbeiter frei, einfach acht Stunden im Büro zu arbeiten. Über solch persönliche Dispositionen hinaus gibt es jedoch auch einige Tätigkeiten, die für ABW ungeeignet sind. Programmierer etwa benötigen ihren persönlichen, technisch hochspezialisierten festen Arbeitsplatz.

Google Zürich

© Evolution Design, photo by Peter Würmli

 

Health Based Working – Trend von morgen?

Weitere Vorteile von ABW sind, dass sich Mitarbeiter mehr bewegen, mehr untereinander austauschen und letztendlich auch einfach besser fühlen. Ohnehin spielt das Wohlbefinden der Angestellten bei der Frage nach optimalen Arbeitsbedingungen eine wichtige Rolle. Wenn es jedoch um Wohlbefinden im Sinne von Gesundheit geht, geht ein neueres Konzept noch einen Schritt weiter als ABW. Es nennt sich Health Based Working (HBW).

 

Medibank Melbourne

© design by HASSELL, photo by Earl Carter

 

Noch handelt es sich um keinen überall um sich greifenden Trend, sondern um das Pilotprojekt eines einzelnen Unternehmens, das sich mit Gesundheit bestens auskennt: Australiens größter Privatkrankenversicherer, Medibank. Auf den ersten Blick scheint das neue Hauptquartier der Medibank in Melbourne, Medibank Place, nach ABW-Richtlinien konzipiert zu sein. Das ist es auch, nur verfolgen hier alle Optimierungsmaßnahmen das primäre Ziel, die Mitarbeiter bei bester körperlicher und geistiger Gesundheit zu halten.

 

Medibank Melbourne

© design by HASSELL, photo by Earl Carter

 

Gesundheitsfördernde Maßnahmen

Die Liste der gesundheitsfördernden Maßnahmen ist lang: Die Angestellten können zwischen insgesamt 26 unterschiedlichen Arbeitsplätzen wählen. 2.300 Pflanzen im Innenraum sowie 520 Pflanzenmodule und zwei 25 Meter hohe grüne Wände an der Außenfassade sorgen für ein gesundes Klima. Im Innern des Gebäudes ahmt eine circadiane Beleuchtung den Wandel des Tageslichts nach. Im Erdgeschoss bietet ein Multisportplatz Gelegenheit zum sportlichen Ausgleich, während gleich nebenan ein Gemüsegarten zur gesunden Ernährung einlädt. Eine enorme Fahrradrampe schraubt sich vom Haupteingang bis hoch hinauf ins Gebäudeinnere. Das imposante Treppenhaus, als Kern des offenen Grundrisses, erscheint im Vergleich zum Fahrstuhl als der näherliegende und attraktivere Weg.

 

Medibank Melbourne

© design by HASSELL, photo by Earl Carter

 

Zukunftsaussichten

Noch steht Medibank Place als alleiniger Vertreter von HBW da. Nachahmer dürften jedoch nicht lange auf sich warten lassen. Zu plausibel ist der Grundgedanke, den Optimierungshebel an der Gesundheit anzusetzen. Vergleicht man zwar Medibank Place mit Googles Wunderwelten, zeugen etwa interne Fitnessstudios, Bio-Restaurants und regelrechte Wellness-Einrichtungen davon, dass auch der Weltkonzern großen Wert auf Gesundheit legt. Allerdings liegt hier der Verdacht nahe, dass eine in brennendem Eifer entwickelte brillante Innovation durchaus eine größere Anzahl von Fehltagen aufwöge.

 

Welche Form der Optimierung von Büroräumen bzw. –gebäuden zu welchem Grad implementiert wird, richtet sich letztendlich auch schlicht nach den Prioritäten und der Ausrichtung des jeweiligen Unternehmens. Doch egal, ob nun ABW oder HBW: den optimierten Büros gehört definitiv die Zukunft.

 


 

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