Erdhäuser – der neue Trend für nachhaltiges Bauen

9. März 2017

Das Thema Nachhaltigkeit bestimmt derzeit viele Lebensbereiche und führt zu einem Umdenken, auch in der Architektur. Gebäude sollen nicht nur energieeffizienter werden, sondern auch aus ökologischen Materialien bestehen, beispielsweise aus Holz, Bambus, Naturstein oder Hanf. Nachhaltiges Bauen bedeutet ebenso, Wohnräume zu schaffen, die stärker mit der Natur verbunden sind, zum Beispiel Baumhäuser. Als neuer alter Baustoff etabliert sich Erde, in Form von Erdhäusern und Erdhügelhäusern. Was sich dahinter verbirgt und über welche Eigenschaften diese Gebäudeformen verfügen, erfahren Sie in diesem Beitrag.

Erdhaus in Dietikon (Schweiz)© By Roland zh - Own work, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=10031936

Leben im Einklang mit der Natur 

Erdhäuser sind keine neue Erfindung. Bereits die Indianer Nordamerikas gruben im Herbst eines jeden Jahres Wohnstätten in den Boden. Die Öffnung bedeckten sie mit Baumstämmen, Gras und Erde. Ein Loch in der Decke sorgte für die notwendige Beleuchtung und Belüftung. Von dieser Gebäudeform unterscheiden sich die Erdhügelhäuser. Hierbei handelt es sich um Häuser, die oberirdisch errichtet und anschließend mit Erde bedeckt werden. Die Vorlage dazu lieferten die Wikinger.

Die moderne Form der Erdhäuser entwickelte unter anderem der Schweizer Stararchitekt Peter Vetsch. Bereits im Jahr 1974 baute er das erste Eigenheim aus Erde. Seine kuppelartigen Wohngebäude bestehen aus folgenden Elementen:
  1. einem feinmaschigen Streckmetallnetz, das an Tragarmierungen geschweißt ist,
  2. einer Schicht Spritzbeton,
  3. einer 20 Zentimeter dicken Polyurethan-Hartschaum-Isolierung,
  4. einer Fließmatte und
  5. einer Schicht Erde mit einer Dicke von 50 Zentimetern und drei Metern.

Für ausreichend Licht im Inneren sorgen große Fensterfronten. Damit gliedert sich das Gebäude natürlich in die Landschaft ein und erfüllt zugleich die Bedingungen für ein sicheres und angenehmes Wohnen.

Die positiven Eigenschaften von Erdhäusern 

Erdhügelhäuser gelten als äußerst ökologisch und energieeffizient. Die natürliche Erdschicht schützt das Gebäude vor Kälte und anderen unerwünschten Umwelteinflüssen, sogar vor starkem Sturm. Bei möglichen Erdbeben weist der Kuppelbau in Verbindung mit der Netzarmierung große statische Vorteile auf. Bewohner solcher Häuser schätzen zudem das angenehme, ausgeglichene Raumklima. Durch ein Verputzen der Innenwände mit Lehm verfügt das Innere über eine gesunde Luftfeuchtigkeit von etwa 50 Prozent. Zugluft, die in konventionellen Gebäuden mit viel Technik vermieden wird, ist in Erdhäusern kein Problem. Damit bleiben auch Allergene und andere Schadstoffe aus der Luft draußen.

In Kombination mit erneuerbaren Energiequellen wie Wärmepumpen oder Fotovoltaik-Elementen können Einsparungen von bis zu 50 Prozent bei den Heizkosten erreicht werden. Zudem begegnen Erdhäuser einer Herausforderung des demografischen Wandels: Der Flächenverbrauch reduziert sich sehr stark, denn das Dach kann beispielsweise als Garten oder grüne Oase genutzt werden.

Erdhaus in Altenrhein (Schweiz)© Kecko, https://www.flickr.com/photos/kecko/3376694324/in/photolist-qJrqxc-89nsmZ-89nskM-89nsgR-69orzE-d9MJNR-r1JNhM

Die negativen Eigenschaften von Erdhäusern 

Neben all diesen positiven Merkmalen haben Erdhäuser auch einige Nachteile. Im Falle einer mangelnden Belüftung steigt die Luftfeuchte im Gebäude an und damit die Gefahr für Schimmelbildung. Außerdem gibt es dunkle Bereiche: Der halbkugelförmige Bau kann dazu führen, dass sich die Bewohner wie in einem Tunnel oder einer Höhle fühlen. Dem können Architekten entgegenwirken, indem sie Dachfenster, Solar-Röhren und andere künstliche Lichtquellen integrieren.

Wenn das Erdhaus unterirdisch gelegen ist, besteht das Risiko für die Ansammlung von Radon, einem radioaktiven Material, in der Raumluft. Im Gegensatz dazu verliert die Außenhaut eines Erdhügelhauses früher an Lebensdauer, da Wärme und Feuchtigkeit schneller entweichen. Die aufgetragene Isolierschicht soll dem entgegenwirken. Darüber hinaus kann die Einrichtung mit Möbeln oder Gemälden zu einer Herausforderung werden, da es nur gewölbte Wände gibt, falls vom Architekten nicht anders geplant.

Nach heutigem Stand der Technik sind Erdhäuser etwa 10 Prozent teurer als konventionelle Eigenheime. Zudem sind sie in den Bebauungsplänen deutscher Städte und Gemeinden schlichtweg nicht vorgesehen. Die Errichtung eines solchen Gebäudes bedarf also einer Ausnahmegenehmigung.

Erdhäuser als Konzept für nachhaltiges Bauen und Wohnen 

Erde ist ein natürlicher Rohstoff, der seit Jahrhunderten als Baumaterial Verwendung findet. Dank moderner Technik stehen die heutigen Erdhäuser in Design und Funktionalität den traditionellen Gebäuden in nichts nach. Darüber hinaus ermöglichen sie eine hohe energetische Effizienz: Viele Erdhäuser, die in der Schweiz errichtet wurden, erfüllen den Minergie-Standard. Planen Architekten und Ingenieure solche Gebäude vorausschauend, können sie die zahlreichen Vorteile dieses nachhaltigen Bau- und Wohnkonzepts nutzen.


 

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