Cradle-to-Cradle: Kreislaufwirtschaft in der Baubranche

29. September 2021

Aktuell hat das Bauwesen noch großen Anteil an den größten Problemen unserer Zeit wie Klimawandel, Artensterben und schwindende Ressourcen. Kreislaufwirtschaft könnte das ändern.

Klimawandel, Artensterben und schwindende Ressourcen zählen zu den schwerwiegendsten Problemen unserer Zeit. Und das Bauwesen hat keinen geringen Anteil daran: In Deutschland ist es für 40 Prozent der CO2-Emissionen und 60 Prozent des Abfallaufkommens verantwortlich. EU-weit entfallen 50 Prozent der Ressourcenentnahme auf den Baubereich. Nicht wenige fordern daher, dass Bauen völlig neu gedacht werden muss – zum Beispiel in Form einer Kreislaufwirtschaft im Sinne von Cradle to Cradle. Der Verein Architects for Future Deutschland setzt sich für die Umsetzung dieses nachhaltigen zirkulären Konzepts ein – und zeigt auch, welche Vorteile BIM dafür bringt.

Kreislauf und Upcycling

Architects for Future halten Abfall für einen Designfehler. Im Licht dieser Aussage lässt sich das Prinzip von Cradle to Cradle (C2C) gut zusammenfassen: Statt der Erde immer wieder Ressourcen zu entnehmen und daraus Dinge herzustellen, die am Ende auf dem Müll landen, braucht es einen Kreislauf, der von vorneherein so gedacht ist, dass alles Verwendete in Form von Upcycling wiederverwendet wird. In einem technischen Kreislauf für Gebrauchsprodukte beispielsweise würde demnach ein Produkt genutzt, zurückgenommen, demontiert und in Form technischer „Nährstoffe“ wieder der Produktion zugeführt.

In der C2C-Vision von Architects for Future könnte ein Gebäude demzufolge viele verschiedene Funktionen vereinen, wie zum Beispiel

  • sozio-kulturelle Interaktion fördern
  • Wasser reinigen
  • als Materialbank dienen
  • Luft reinigen
  • gesunde Innenraumluft bieten
  • Nährstoffe erzeugen
  • positiv energieautark sein
  • Biodiversität fördern


Grundvoraussetzungen für Gebäude

Um derartiges im Sinne einer Kreislaufwirtschaft vom Großen bis zum Kleinen leisten zu können, muss ein Gebäude erst einmal drei Grundvoraussetzungen erfüllen. So sollte es zunächst, für eine möglichst lange Lebensdauer und die Lösbarkeit seiner Bestandteile, anpassungsfähig beziehungsweise umnutzbar sein. In einem Skelettbau ohne tragende Wände im Innern etwa können je nach Bedarf Räume flexibel geschaffen, verändert oder aufgelöst werden. Zweitens müssen ganze Bauteile und Komponenten entnommen und wiederverwendet werden können, wie es etwa im Modulbau möglich ist. Auf der dritten und kleinsten Ebene gilt wiederum, dass auch die verschiedenen Materialien eines Hauses wiederverwendbar und gesund sind.

Für C2C nutzbar machen durch Materialausweis

Um ein Gebäude mit den genannten Eigenschaften effektiv für C2C nutzbar zu machen, benötigt es einen sogenannten Materialausweis. Darin sind in erster Linie alle Materialien des Hauses festgehalten, damit klar ist, was überhaupt verbaut wurde und letztlich wiederverwendet werden kann. Darüber hinaus umfasst ein solcher Ausweis, wie ihn beispielsweise die Software Building Material Scout bietet, Informationen zu Materialgesundheit, CO2-Fußabdruck, Materialherkunft, Kreislauffähigkeit, Demontagefähigkeit und Trennbarkeit der Materialien.

Cradle to Cradle und BIM

BIM ist für Cradle to Cradle keine Notwendigkeit. Tatsächlich wurden die ersten C2C-Pionierprojekte wie das Rathaus Venlo oder die Triodos Bank in Zeist (Niederlande) noch ohne die digitale Arbeitsweise geplant. Wie in „normalen“ Bauprojekten auch, bietet BIM jedoch ebenso enorme Vorteile für kreiswirtschaftliches Bauen:

  • Durch die Anschaulichkeit und Nachvollziehbarkeit von BIM-Modellen werden Akzeptanz und Verständnis von C2C erhöht. So lassen sich beispielsweise Optimierungspotenziale beim Material farbschematisch im Modell darstellen.
  • BIM beschleunigt die planerische Umsetzung von C2C.
  • Eine Schnittstelle zwischen BIM-Modell und Programmen wie dem Building Material Scout ermöglicht eine automatisierte Erstellung und Aktualisierung von Materialausweisen.
  • Ebenso können Informationen aus dem Materialausweis (Aufbauten der Elemente, Mengen, Massen, Ökobilanz-Kennwerte) in das BIM-Modell integriert oder daraus extrahiert werden.

Angesichts solcher Mehrwerte liegt eine Ehe zwischen Cradle to Cradle und BIM natürlich nahe. Aktuelle Bauvorhaben wie etwa das deutsche C2C-Leuchtturmprojekt The Cradle in Düsseldorf von HPP Architekten setzen dementsprechend auf digitales Planen und Bauen.

Mehr zu Cradle to Cradle und den Architects for Future gibt’s im Allplan-Webinar: Klimafreundlich, kreislaufgerecht und gesund Bauen nach dem Cradle to Cradle Prinzip


 

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